Marke Explorer muß gelöscht werden
Presseinformation der »Internet World« vom 08.03.2001 11:17 h:
Die Angaben, die die Firma Symicron zum Vertrieb ihrer Software "Explorer"
sind höchst zweifelhaft. Bis 1995 wurde die nun als "Explorer" bezeichnete
Software offenbar unter dem Namen "Truvelo-OCR" vertrieben. Symicron-Kunden
ist ein "Explorer" nicht bekannt. Symicron kann die Marke "Explorer aber nur
beanspruchen, wenn ein gleichnamiges Produkt tatsächlich vertrieben wird.
München, 08.03.2001 Die Marke "Explorer", die im Internet für erheblichen
Zündstoff sorgt, könnte schon bald gelöscht sein. Recherchen der INTERNET
WORLD, der Zeitschrift für Internet-Professionals, wecken massive Zweifel
an den Angaben, die der Inhaber der Marke, die Ratinger Firma Symicron, vor
Gericht macht. Das berichtet die INTERNET WORLD in ihrer kommenden Ausgabe
(4/01), die ab 9.3.2001 am Kiosk liegt.
Seit November 2000 muß die Firma Symicron eine Nutzung der Marke "Explorer"
belegen können, um ihren im November 1995 erhobenen Markenanspruch
aufrechtzuerhalten - die Basis für zahlreiche Abmahnverfahren des Müncher
Rechtsanwalts Günther Gravenreuth. Symicron selbst gibt an, bei dem
"Explorer" handele es sich um ein Programm, daß in Fotos enthaltene Texte
für den Computer lesbar macht (OCR, Optical Character Recognizing) und das
als Modul zur Verkehrsüberwachungs-Software Gerograph gehöre. Gerograph
dient der Verwaltung und Auswertung von Photos, die in der
Verkehrsüberwachung von Rotlicht- und Geschwindigkeitssündern gemacht
werden - Kunden sind ausschließlich Behörden, die solche Anlagen betreiben.
Das OCR-Modul "Explorer" soll unter anderem die Kennzeichen der geblitzten
Fahrzeuge automatisch erkennen. Symicron-Anwalt Gravenreuth behauptet in
seinen gerichtlichen Schriftsätzen, ein Produkt namens "Explorer II" würde
seit 1991 zum Preis von 12.500 Mark vertrieben. Das Programm würde "zumeist"
als Modul, etwa in der Symicron-Software Gerograph, zum Einsatz kommen.
Nach Recherchen der INTERNET WORLD sind diese Darstellungen nicht haltbar.
Der INTERNET WORLD liegen Angebote der Firma Symicron aus den Jahren 1994
und 1995 vor. Tatsächlich wird dort ein OCR-Modul zu exakt dem Preis
angeboten, den Gravenreuth heute für den "Explorer" angibt. Der Name des
Moduls: "Truvelo OCR" bzw. "Truvelo-OCR (Symicron Entwicklung)". Ein
"Explorer" wird in den Angeboten dagegen nicht genannt. In dem Fachblatt
"Der Verkehrsdienst" schaltete Symicron ganzseitige Anzeigen für Gerograph.
Das letzte Motiv erschien 1996 und liegt der INTERNET WORLD vor. Auch hier
wird ein Modul namens "Explorer" nicht genannt.
Auch in den Jahren nach 1996 hat ein Vertrieb des "Explorers" offenbar nicht
stattgefunden. Die INTERNET WORLD hat zehn der bisher sorgsam gehüteten
Gerograph-Kunden ausfindig gemacht. Nach Ansicht von Branchenkennern dürfte
dies der Gesamtzahl der Gerograph-Kunden entsprechen. Keiner der befragten
Kunde konnte bestätigen, mit einem Produkt namens "Explorer" von Symicron
beliefert worden zu sein. Neun der Kunden waren sogar bereit, detailliert
Auskunft zu der eingesetzten Software zu geben. Das Amt für Verkehrswesen
Wiesloch setzte Gerograph etwa von 1995 bis 2000 ein. Aber: "Weder aus dem
Angebot, noch aus dem installierten Programm war ein Bestandteil des
Programms mit dem Namen Explorer erkennbar." Das Ordnungsamt Düsseldorf
wurde 1998 mit Version 5.0 des Gerograph beliefert und setzt sie noch heute
ein. Auf Anfrage hieß es: "Ein Produkt namens Explorer wird nicht erwähnt."
Fehlanzeige auch bei der Kreisverwaltung Neuss, einem der ersten
Gerograph-Abnehmer, die die Software von 1994 bis 1997 im Einsatz hatte:
"Ein Software-Modul namens Explorer war nicht Bestandteil des Gesamtpakets."
In Ausgabe 4/2001 der INTERNET WORLD ist der genaue Wortlaut der
Stellungnahmen aller befragten Behörden abgedruckt.
Zwar konnte die Firma Symicron zwei INTERNET WORLD-Redakteuren bei einem
Ortstermin eine Gerograph-Version vorführen, die an prominenter Stelle den
Schriftzug "Gerograph inkl. Explorer" trug. Diese Software-Version wurde
jedoch vermutlich ausschließlich zu Demonstrationszwecken angefertigt. Keine
der angefragten Behörden konnte bestätigen, eine Gerograph-Version
einzusetzen, die einen ähnlichen Schriftzug aufweist.
Die Angaben der Firma Symicron scheinen schlicht falsch zu sein. Die
Gerograph-Kunden, die die INTERNET WORLD ausfindig machen konnte, haben
einen "Explorer" bislang nicht zu Gesicht bekommen. Das OCR-Modul
"Explorer", angeblich seit 1991 im Vertrieb, wurde offensichtlich mindestens
bis zum Jahr 1995 als "Truvelo-OCR" vermarktet. Die Software-Version, die
der INTERNET WORLD beim Ortstermin vorgeführt wurde, ist an die befragten
Kunden nicht ausgeliefert worden. Selbst die wenigen Behörden, die das
Produkt noch heute im Einsatz haben, können nicht bestätigen, bei einem
Update ein Produkt mit Namen "Explorer" erhalten zu haben. Ein Vertrieb hat
offenbar nicht stattgefunden.
Hintergrund: Symicron sicherte sich im November 1995, kurz vor der
Markteinführung von Windows 95 in Deutschland, die Rechte an der
Softwaremarke "Explorer". Aufsehen erregte die Firma vor allem mit
Abmahnungen von Homepage-Betreibern, die Links auf ein Software-Produkt
namens "FTP-Explorer" anboten. In mehr als 60 Fällen wurde Symicron-Anwalt
Günter Gravenreuth in Sachen "Explorer" aktiv. Die Abmahnungen an Firmen und
Privatleute sind mit vierstelligen Kostennoten verbunden. Seit November 2000
ist die Firma Symicron nun in der Pflicht, nachzuweisen, daß sie die
Software-Marke "Explorer" auch tatsächlich nutzt. Anderenfalls kann die
Marke gelöscht werden.
Background: Die Suche nach dem verlorenen Explorer®
Die Auslobung im Wortlaut
Unterstützer & letzter Jackpot
Pressestimmen zur Auslobung
Ende der Auslobungsfrist
Nachruf zum Auslobungsende
Hoffen auf eine "Erscheinung"
Pressemitteilung Internet World v. 08.03.2001
[Aktualisiert: 09.03.2001 | HS]
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