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Interview mit dem Autor
Die Rezension
Folge 1 vom 26.01.2001
Folge 2 vom 09.02.2001
Folge 3 vom 21.02.2001
Folge 4 vom 03.03.2001
Folge 5 vom 06.06.2001
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Die Entführung der Explora S. | Exclusiver Vorabdruck des neuen Romans von P. L. Agiatus auf AdvoGraf

Homeless' letzter Fall

Von P. L. Agiatus  •  Folge 5   [online seit 06.06.2001]


"Das gibt es doch gar nicht", brüllte Ferdinand Graf von Groithenraff ins Telefon. "Wie konnte das passieren? Eine Frau? Wo? Dann suchen Sie sie, verdammt noch mal, oder ich ziehe Ihnen persönlich das Fell über die Ohren. Morgen früh will ich wissen, wie Sie mir mein Geld wieder beschaffen." Er knallte den Hörer auf die Gabel. "Ärger, Liebling?" flötete seine Frau Monika Charlotte, eine geborene Postonia von Unergründlich. Groithenraff blickte seine Frau nur wütend an. "Glaubst Du, ich lasse mir freiwillig 1,8 Mio. Schweizer Franken stehlen, Du dumme Kuh?" "James", rief die Gräfin, "öffnen Sie bitte das Terassenfenster, hier riecht es plötzlich so muffelig." Mit diesen Worten stand sie auf und verließ den Raum. Sie mußte sich sowieso frisch machen. Am Nachmittag wollte sie sich nämlich mit A.B. Greifer, ihrem Ex-Geliebten, in der Stadt treffen. Und dabei würden ziemlich sicher Dinge zur Sprache kommen, die für Ferdinands Zukunft reichlich Ärger versprachen. "Hinter meinem Rücken das Testament für diesen Bastard zu ändern, das wirst du mir büßen", dachte die Gräfin.

Anwalt A.B.Greifer, Chef einer Kanzlei mit mehr als zwanzig Angestellten, brütetete über einer wirklich wundervollen EV. Normalerweise überließ er diese Kleinigkeiten seinen Mitarbeitern. Diese formulierte er deshalb selbst, weil sein Klient äußerst anspruchsvoll war. Dem größten Getränkehersteller Europas waren die Aktivitäten einer Umweltgruppe ein Dorn im Auge. Die grünen Aktivisten betrieben doch tatsächlich eine Webseite unter der Bezeichnung RINDER.DE, auf der sie sich vehement für einen besseren Umgang mit der Kreatur und gegen BSE einsetzten. Nach Meinung von Greifer waren das totale Spinner, die Viecher wurden doch so oder so gegessen. Greifers Kunden argumentierten nun, das RINDER als Marke geschützt sei, einen überragenden Bekanntheitsgrad unter den Erfischungsgetränken besäße und forderten daher die Herausgabe des Domainnamens. Natürlich würden die albernen Umweltschützer eine Stange Geld loswerden, bevor es so weit war.
Die ungewohnte Arbeit strengte Greifer an. Er beschloß daher, eine Pause zu machen, um vor dem Treffen mit der Gräfin Groithenraff noch eine Kleinigkeit zu essen. Vielleicht würde ihn das auch inspirieren. Die besten Einfälle kamen A.B. Greifer stets beim Essen. In seinem Stammlokal hatte er auch die Idee ausgeheckt, Explora mit einer angeblich gewonnenen Seereise aus der Schweiz wegzulocken. Eine Angestellte hatte sich telefonisch als Mirinda de Lol von irgend so einer öden Fernsehshow ausgegeben. Diese hatte Explora nur aufgefordert, zu bestätigen, daß sie, die Anruferin, die de Lol sei. Im Gegenzug hatte man Explora als "Preis" die Tickets für eine dreiwöchige Fernreise versprochen und noch am gleichen Tag per Boten zugestellt. So einfach funktionierte eine "Entführung". A.B. Greifer grinste bei dem Gedanken. Ein Kreuzfahrtschiff war so gut wie ein Gefängnis, er wußte immer, wo sich Explora aufhielt, zumal er unter der Mannschaft einen Agenten plaziert hatte. Inzwischen konnte er seine Pläne verfolgen, ohne sich mit dem Weibsstück abgeben zu müssen, die allerdings eine Augenweide war, wenn die Bilder nur halbwegs mit dem Original übereinstimmten. Greifer war der geborene Organisator. Am Ende der Reise mußte er Explora eigentlich nur noch an der Gangway einsammeln und für die Übergabe an Groithenraff präparieren. Greifer hatte keine Zweifel daran, daß es irgendwann zu Verhandlungen kommen würde. Und da würde Groithenraff ziemlich bluten müssen. Um die beiden senilen Detektive, die der Graf auf ihn angesetzt hatte, machte er sich keine Sorgen. Deren Zeit war vorbei, außerdem ließ er sie ständig beobachten. Von der Seite drohte folglich keine Gefahr. Außerdem hatte er mit Luigi und seinen Leuten ausgezeichnete Möglichkeiten, den beiden zu zeigen, wie ungesund die Reaktivierung in den Dienst der britischen Krone sein konnte.

Explora genoß den Tag am Pool des Hotels. Nach fast 10 Jahren Internatsaufenthalt in der Schweiz und einer kurzen Banklehre hatte sie sich auf Wirtschaftsberatung, Marketing und Communication konzentriert. Die meisten Firmenkontakte dienten ihr dabei als Tarnung für die Suche nach ihrem Vater. Den frühen Tod der Mutter führte sie auf deren Kummer zurück, den unbekannten Vater nie wiedergesehen zu haben. Im Nachlaß ihrer Mutter hatte sie Unterlagen gefunden, aus denen hervorging, daß ihr leiblicher Vater aus Deutschland stammte, dort wohl auch lebte, zugleich aber eine Firma in der Schweiz führte. Explora, in dem Wunsch ihre Mutter zu rächen, hatte sich daraufhin eine Liste der Schweizer Firmen beschafft, die unter direkter oder indirekter deutscher Führung standen. Diese gedachte sie kräftig auszunehmen.

Am nächsten Tag ließ Explora sich zum Hafen fahren. Sie bezog eine wundervolle, geräumige Außenkabine auf der Arastirici. Schon beim Einchecken fiel ihr der hühnenhafte Zweite Offizier auf. Blond, sehr gut gebaut, wohl fast zwei Meter groß, muskulös und in seiner weißen Uniform ein Traum von einem Mann. "Den oder keinen", durchzuckte es sie. An diesem Tag ergab sich aber keine Gelegenheit, nähere Bekanntschaft zu schließen. Immerhin registrierte Explora erfreut, daß ihr Traummann beim Dinner an ihrem Tisch saß. Gero von Groithenraff hieß er. Allerdings plauderte er die ganze Zeit mit zwei recht betagten und mit Gold behängten Schabracken.



Lob, Kritik, Anregungen: Ihr Feedback an eMail  P. L. Agiatus.


Illustrationen: Uli Hesse

 

 
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