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Auch das noch...

Der Abmahnwahn treibt immer buntere Blüten. AdvoGraf kann nicht auf alle Fälle eingehen, aber manches ist so kurios oder schon realitätsfern, dass man wirklich nur noch sagen kann: "auch das noch!":
Das wirklich Allerletzte zum Thema Abmahnwahn.

 

Mit Vollgas ins virtuelle Kiesbett
von Alexander Kleinjung

[Geänderte Fassung vom 22.08.2001]
Eigentlich hätte sich Michael "Micha" Stanka freuen können, denn seine Motorsport-Website, die er mit Unterstützung seines Patenokels betreibt und die vor zwei Jahren aus einer Praktikumsarbeit heraus entstand, seitdem mehrfach gelauncht und zuletzt mit redaktionellem Content der Deutschen Presse Agentur aufgewertet wurde, fand jetzt auch die Aufmerksamkeit eines der ganz grossen der Brache: Michael Schumacher.

Doch diese "Fanpost" hatte es in sich. Schumi, wie Freunde, Fans und Presse ihn nennen, schrieb dem 18jährigen Schüler aus Stuttgart nicht etwa "gut gemacht Junge, weiter so" – nein, der steuertechnische Wahlschweizer mit besonderer Affinität zum Kiesbett wittert wohl Rufausbeute zu Lasten seines guten Namens.

Die Internetdomain michas-formel1-site.de verletze die Namensrechte seines Mandanten, erklärt Rechtsanwalt Dr. Nils Harder aus Sindelfingen in einer Abmahnung, die sich gegen dieses Projekt richtet, und verweist auf den einschlägigen § 12 BGB. Danach kann Unterlassung verlangen, wessen Recht zum Gebrauch des Namens beispielsweise dadurch verletzt wird, dass ein anderer "unbefugt den gleichen Namen führt".


Absurde juristische Argumentation

Hier stellt sich zunächst die Frage, welcher Name oder Namensteil verletzt sein soll, denn "Michael" ist eher ein Sammelbegriff für männliche Deutsche denn ein individuelles Identitätsmerkmal – und einen Michael "Micha" zu rufen ist weder besonders originell noch selten. Und dass der Ferrari-Pilot mit Zweit(vor)namen nun "Formel 1" heisst, war jedenfalls dem Autor bislang verborgen geblieben.

Doch die Absurdität von Anwalt Harders juristischer Argumentation ist durchaus steigerungsfähig:

Ein besonderer Dorn im Auge des Juristen ist ein Werbenbanner auf der fraglichen Seite, der zur Firma Penco Elektronik führt. Deren Geschäftsführer, Ernst Gierer, ist nicht nur Patenonkel des Betreibers Stanka, sondern auch Hoster und Mäzän der Seite - und Empfänger der Schumacherschen Abmahnung. Mit rund 1.300 Mark monatlich unterstütze man das Projekt des jugendlichen Rennsportfans, da u.a. ein SMS-Newsletter oder professionelle Inhalte von Presseagenturen nun mal nicht für lau zu haben seien.

Durch den Umstand, dass sich auf der fraglichen Website "neben allgemeinen Informationen über meinen Mandanten" – was in dieser Form schon deshalb nicht stimmt, weil beispielsweise alle 11 Teams der Formel 1 vorgestellt werden – eben auch ein Banner zur Penco Elektronik befinde, werde "fälschlicherweise der Eindruck" erweckt, Schumacher hätte "den Betrieb der Website unter der Domain 'www.michas-formel1-site.de' in irgendeiner Weise gestattet" folgert der Anwalt mit krauser Logik.


Aufgabe der Domain und Vertragsstrafeversprechen von DM 10.500,– gefordert

Selbstredend wird nun die sofortige und unwiderrufliche Freigabe der streitigen Domain gefordert und mit "unverzüglicher gerichtlicher Inanspruchname" gedroht.

Daneben soll eine Erklärung abgegeben werden, mit der sich die Betreiber "gegenüber dem Formel 1-Rennfahrer Michael Schumacher" verpflichten, es bei "Meidung einer für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von DM 10.500,-" zu unterlassen, diese Domain "innezuhaben und/oder unter dieser eine Website zu unterhalten, auf welcher für das eigene gewerbliche Unternehmen Werbung gemacht wird".

Spinnt man die dieser Abmahnung zugrunde liegende Logik, wonach "Micha" Schumachers Namensrechte verletze, weiter, dann dürfen sich ziemlich viele Netizens auf Anwaltspost freuen: die Domain-Suchmaschine Domaxx findest alleine rund 150 Domains, die mit "micha" oder "michas" beginnen.

Dass Schumi ohne Kostennote abmahnen ließ, macht die Sache nicht wirklich besser. Ein solches Maß an Selbstüberschätzung, gepaart mit fragwürdigen juristischen Hilfskonstruktionen, ist nur noch peinlich.


Gravenreuth: Abmahnung chancenlos

[17.08.2001] Der sonst eher für seine Serienabmahnungen berüchtigte Münchener Rechtsanwalt Günter Freiherr v. Gravenreuth hat sich – nach seinem Engagement in Sachen Karstadt (KaDeWe) ./. "Kaufhaus des Ostens" mal wieder auf die Seite der "Guten" geschlagen und vertritt Stanka und Gierer inzwischen. In einem AdvoGraf vorliegenden Gutachten kommt er zu dem Ergebnis, dass die Abmahnung aus mehreren Gründen chancenlos sei. So verweist Gravenreuth beispielsweise auf die Entscheidungen "familienname.de" (LG Paderborn, AZ: 4 O 228/99) und "spitzname.de" (LG Bremen, AZ: 12 O 428/98), in denen jeweils festgestellt worden ist, dass bei selber Anspruchsgrundlage (hier: Namenrechte) derjenige die besseren Karten hat, der seine Domain zuerst reserviert hat (sog. "first come – first serve").

Zwar könne, so Gravenreuth weiter, auch ein Künstlername als Domain angemeldet werden (vgl. "boris.de", LG München, AZ: 26 O 20103/00), es sei jedoch bislang nicht bekannt, dass der Formel 1-Pilot unter dem Künstlernamen "Micha"auftrete. Auch nach dem Kennzeichenrecht, wonach widerstreitende Kennzeichen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen seien, vermag der Jurist keine Verwechslungsgefahr erkennen. Den angekündigten gerichtlichen Schritten könnten Stanka und Gierer also mit Ruhe entgegensehen, so Gravenreuths Reümee.


Breites Presse-Echo & große Unverständnis

Die Pressemitteilung von AdvoGraf über diese Abmahnung hat zu einem ungewohnt breiten und in der Sache oft auch scharfen Presse-Echo gegen Schumacher und dessen Anwalt Harder geführt. In einer vom Portal T-Online durchgeführten Online-Umfrage sagten 50 Prozent der Teilnehmer, sie verstünden diese Abmahnung nicht; gute 32 Prozent sagten, sie könnten es nicht glauben, was hier passiere. Insgesamt hatten sich an der Umfrage mehr als 41.500 User beteiligt.

Im Einzelnen haben folgende Magazine berichtet:

 

[AK 17.08.2001]

 

 
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